Bericht über die Unterrichtssituation 2021/22

Martin Habersaat: Ich habe mir den Bericht über die Unterrichtssituation 2021/22 angesehen und erkenne hierbei zwei Trends

Martin Habersaat Bild: Philip Häniche

360.900 Schülerinnen und Schüler besuchen die öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein. Wie viele Lehrkräfte stehen ihnen gegenüber? Wie ist die Lage an den Schulen? Dazu gibt die Landesregierung jährlich einen Bericht ab. Martin Habersaat, der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, hat sich den Bericht über die Unterrichtssituation 2021/22 angesehen und kommentiert zwei Trends:

Der Lehrkräftemangel wird spürbarer

Auf dem Papier hat die Landesregierung eine Unterrichtsversorgung von 100 Prozent erreicht und versäumt nicht, diesen Umstand regelmäßig in Erinnerung zu rufen. Doch wer genau hinsieht, stellt fest: Dabei geht es um die zur Verfügung gestellten Stellen. Ob und wie diese besetzt sind, steht auf einem anderen Blatt. Für den schulamtsgebundenen Bereich einschließlich der Förderzentren stehen 12.156 Planstellen zur Verfügung. Davon sind 11.916 Stellen besetzt. 487 allerdings mit Menschen, die z.B. wegen Elternzeit oder Sabbatjahr nicht unterrichten können. Aus einer Unterrichtsversorgung von 102 Prozent wird so eine von 98 Prozent. Ähnlich sieht es bei den beruflichen Schulen aus. Anders ist es bei den Gymnasien: Hier gönnt die Landesregierung es sich, 4.687 Stellen zu besetzen, obwohl nur 4.604 zur Verfügung stehen. Auch bei den mit  anwesenden Menschen besetzten Stellen lohnt ein weiterer Blick: Fast eine von 10 Lehrkräften hat keine abgeschlossene Lehramtsausbildung. (Grundschulen: 14,1%, Gymnasien 2,9%). 10,7% der Stunden sind ausgefallen oder nicht planmäßig erteilt worden, an den Berufsbildenden Schulen 12,63%. Angesichts langfristig steigender Schülerzahlen und steigender Anforderungen an Schulen gibt es einen Bedarf an Lehrkräften, der höher ist, als die im Moment zur Verfügung stehende Zahl an Lehrkräften. Dieser Bedarf ist vor allem an Grundschulen, an Förderzentren, an berufsbildenden Schulen und an den Gemeinschaftsschulen, insbesondere in den MINT-Fächern, in Musik sowie Kunst und in einzelnen Regionen vorhanden. Es rächt sich, dass über Jahre keine vorausschauende Einstellungspolitik betrieben wurde. Der Allianz für Lehrkräfte kommt eine wichtige Aufgabe zu, weil der Lehrkräftemangel vielerorts nicht mehr Drohung, sondern Realität ist. Auch wird die Landesregierung es nicht vermeiden können, zur Behebung der größten Ungerechtigkeiten wieder mehr steuernd in die Verteilung der  Lehrkräfte einzugreifen.

Die Exklusionsquote steigt weiter

Die Förderzentren erfahren erneut eine Zunahme der Schülerzahlen um 230 auf knapp 5.600. Jedes Jahr steigt der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf, die an Förderzentren beschult werden. Die Exklusionsquote steigt, und es sieht so aus, als betrachteten Teile der Landesregierung dies als Erfolg. Dabei wäre es dringend erforderlich, auf dem Weg zur inklusiven Schule, die in der Lage ist, alle ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler zu fördern und zu fordern, voran zu kommen. Mit entsprechenden pädagogischen und räumlichen Konzepten, mit Personal und Ressourcen. Anstatt diesen Weg konsequent weiter zu gehen, hat die Regierung Günther den Geist des Sortierens an unsere Schulen zurückgebracht. Dazu passt auf traurige Weise, dass die Bildungsministerin bei Erklärungen für das schlechte Abschneiden Schleswig-Holsteins bei Bildungsstudien Kinder mit Behinderung und Kinder mit Migrationshintergrund verantwortlich macht.

Martin Habersaat